Die Honigfabrik Die Wunderwelt der Bienen – eine Betriebsbesichtigung von
Jürgen Tautz und Diedrich Steen, 2.
Auflage, 2017, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2017, 269 Seiten, 8
Bildseiten, ISBN 978-3-579-08669-9, Euro 19.99
Hier treffen
sich Spitzenforschung und alter Imkeradel. Die Autoren sind von Bienen
begeistert, ja sie lieben sie und das ist ansteckend. Ihre Portraits auf der
Innenseite des Umschlages sagen mehr als tausend Worte. Außerdem verzichten sie
auf eitles Denglisch und können anspruchsvolle Wissenschaft verständlich
erklären. Selbst das Bändchen als Lesezeichen fehlt nicht. Es gibt noch
Verlage, die wissen, was Leser brauchen.
Es geht um
die Honigbiene, deren Staat ein Superorganismus ist, der Bien genannt wird. Die
Besichtigung des Betriebes hat sechs Kapitel. Sie beginnt mit einem kurzen geschichtlichen
Überblick, gefolgt von der Saisonarbeit
im Rhythmus der Jahreszeiten, Honig
ist nicht alles, aber ohne Honig ist alles nichts, eine Tochterfirma wird gegründet, Betriebsspionage, Raubüberfälle und Aliens
aus Asien und endet mit dem Tod der
Königinnen. Unter diesen Überschriften finden sich viele solide fundierte
Informationen, die nicht nur Imker interessieren. Aus der Fülle einige Beispiele:
Die Waben sind perfekt an ihre Aufgabe angepasst und können mit möglichst wenig
Aufwand möglichst viel leisten: Um zwei Kilogramm Honig sicher zu lagern werden
nur 30 Gramm Wachs zu Waben verbaut - Ingenieurkunst vom Feinsten. Oder über
den effizienten Umgang mit Energie im Winter, den man sich unter www.hobos.de auch live ansehen kann. Nachdenklich
machen Versuche mit Futterquellen auf Tafeln, mit impressionistischen Gemälden
von Monet und kubistischen von Picasso im Hintergrund. Sie zeigen, dass Bienen
offenbar Malstile erkennen, sie einordnen und sich merken können. Das können
wir zwar auch, allerdings ist das Bienengehirn nur stecknadelgroß.
Unsere Obsternten
sind zu 80 Prozent von der Bestäubung durch Honigbienen abhängig. Was Wunder,
dass das Bienensterben aufschreckt, zumal Hummeln und andere Wildbienen
ebenfalls immer seltener werden. Doch die Ursachen sind vielschichtig, wobei
die Varoa-Milbe ein Dauerproblem ist, aber auch die rücksichtslose
Bestäuberimkerei in Amerika stresst und schwächt die Bienenvölker und macht sie
anfällig. Schließlich fehlen dringend notwendige wissenschaftlich gesicherte
Kenntnisse über wild lebende Honigbienen, die es in unseren Wäldern kaum noch
gibt. Von ihnen lebte einst eine ganze Industrie, die Zeidlerei. Da kann nur
mehr Forschung helfen. Ins Philosophische führt am Schluss der Epilog über die
Frage, ob Bienen selbstlos sind und in wieweit wir ihre Leistungen mit unseren vergleichen
dürfen. Kurz: Die Honigfabrik ist ein vorbildliches Sachbuch.
Dr. Friedrich Buer
Neustadt an der Aisch
9. Oktober 2017