Dem Feldhasen geht es an den Kragen
Dr. Friedrich Buer
Dem Feldhasen
geht es an den Kragen und das, obwohl er unter Jägern als „sehr hartes Wild“
gilt und die Häsin dreimal im Jahr jeweils bis zu fünf Junge bekommt. Intensive
Landwirtschaft mit immer größeren Maschinen, Monokulturen, Gülleregen,
Pestizide und kaum noch ungestörte Ackerrandstreifen, Feldwege und Hecken
zerstören seinen Lebensraum. Selbst die letzten Restflächen fallen dem
Maisanbau für Biogas zum Opfer, was unter dem Strich mehr Energie verschlingt
und bringt, aber dafür die Stromrechnung erhöht.
Feldhasen am
Wegesrand – ein seltenes Bild
Es ist ein
Trend, der vor Jahrzehnten einsetzte. Schon das
Bundeslandwirtschaftsministerium unter Minister Ignaz Kiechle (1983-1993)
erkannte die Landwirtschaft als Hauptursache für den Artenschwund der
Feldtiere. Nicht zu vergessen ist der
Straßenverkehr. Jetzt ist auch noch das deutschlandweite Mulchen der
Straßen- und Wegränder und aller Flächen, die ein Mulchmäher erreichen kann,
dazu gekommen. Wo soll sich der Hase noch verstecken? Wo soll er seine
vielfältigen Kräuter finden, die er braucht? Wo soll die Häsin ihre Jungen
ablegen? Folglich ging in Bayern der Bestand in den letzten fünf Jahren fast um
die Hälfte zurück. Selbst die Jäger sehen sich gezwungen, bei der Jagd auf
Feldhasen zurückhaltend zu sein. Der amtliche Naturschutz, die Jäger und die
großen Naturschutzverbände, die mehr Mitglieder als die politischen Parteien
haben, stehen dieser Entwicklung hilflos gegenüber. Je grüner die Politik,
desto schlechter geht es der Natur. Nur die Statistik des Niedergangs wird
penibel geführt.
Rücksicht nehmen!
In dieser Lage
sollte jeder Rücksicht nehmen. Jetzt im März haben die Häsinnen wieder ihre
ersten Jungen geworfen. Sie bauen kein Nest sondern verteilen ihre Jungen
einzeln auf einer größeren Fläche und besuchen sie nur, um sie zu säugen, meist
in der Abenddämmerung. Dafür sind die Kleinen ausgezeichnet getarnt, fast
geruchlos und rühren sich nicht. Nur zufällig und mit geübten Augen kann man
sie entdecken.
Suchbild:
Junger Feldhase am Rande eines Feldweges. Er
liegt in der Bildmitte, sein
Köpfchen zeigt
auf 1 Uhr und sein Schwänzchen auf 7 Uhr.
Wird jetzt
gepflügt, geeggt, gegrubbert, gemulcht oder Gülle ausgebracht, sind sie verloren.
Und da es kaum noch Feldraine gibt,
legen die Häsinnen ihre Jungen auch an den Rändern von Feldwegen ab. Doch da
droht eine weitere Gefahr: Hunde die Gassi gehen.
Sie riechen
zwar das Häschen nicht, können aber doch durch Zufall drauf stoßen und dann ist
es für die kleinen Kerlchen zu spät. Also bitte aufpassen, auch wenn der Hund
angeleint ist.
Aber natürlich
sind die Hunde nicht das Problem. Das ist die Agrarpolitik, die rund die Hälfte
des EU-Haushalts kostet und den Niedergang als Kollateralschaden geradezu
erzwingt. Wer auf die Artenvielfalt Rücksicht nimmt, hat Nachteile und ist der
Dumme. So kann das nicht mehr weitergehen.
Nicht anfassen und „retten“ wollen!
Leider kommt es
vor, dass die vermeintlich „verlassenen, armen Häschen“ aus Mitleid
eingesammelt werden und ins Tierheim gebracht werden – ein schwerer Fehler mit
fatalen Folgen für die Kleinen. Selbst wenn es gelingt, sie aufzuziehen, was
keineswegs sicher ist, ist das noch größere Problem ihre Auswilderung. Warum? Feldhasen
brauchen die freie Wildbahn, die können sie im Tierheim nicht kennen lernen und
werden schnell arglose Opfer ihrer natürlichen Feinde. Außerdem kann man Feldhasen
nicht wie Kaninchen halten, denn es sind keine Kaninchen, selbst wenn sie
fälschlich oft so genannt werden. Das Wildkaninchen wurde zum Haus- und
Schmusetier, der Feldhase hat sich das nicht gefallen lassen. Er braucht
Freiheit. Also entdeckt man junge Feldhäschen, nicht anfassen. Sie sind nicht
verlassen. Ihre Mutter kümmert sich um sie.
Dr.
Friedrich Buer
5.
März 2017
Dr. Friedrich Buer ist Gründungsmitglied
und Beirat des „Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern e.V. –
VLAB“, einem neuen offiziell anerkannten Natur- und Umweltschutzverband.
Ehrenpräsidenten sind Enoch zu Guttenberg und Hubert Weinzierl.