Mulchmäher –
mit öffentlichem Geld und Technik gegenArtenvielfalt
16.
Oktober 2016
2. Teil - Fortsetzung
Fatal ist das Mulchen für Bodenbrüter. Wo sollen die
Lerchen noch brüten, wenn nicht an den Wegrändern? Sogar Weiherränder,
Bachränder und vereinzelt Flussränder werden gemulcht.
Oben im
Bild zerstörte der Mulchmäher dem Gelege einer Reiherente die Deckung. Die Eier
blieben zwar heil, aber nun liegen sie als leichte Beute auf dem
Präsentierteller.
Am nächsten
Tag waren sie weg. Muss das sein?
Gemulchte
Blindschleiche
Mulchmäher bringen Tod und Verderben auch an die
Ränder von Waldwegen. Die Opfer sind meist klein und werden schnell gefressen. Deshalb
findet man meist nur Reste.
Waldrand im Sommer gemulcht Rest einer gemulchten Weinbergschnecke
Flora und Fauna kaputt
Für die Artenvielfalt hat das Mähgut, das liegenbleibt
und an Ort und Stelle kompostiert, schlimme Folgen. Kompost ist ein guter, natürlicher
Dünger, aber ein Dünger und der lässt einige wenige Pflanzenarten wie
Brennnesseln und Löwenzahn kräftig wachsen und das jedes Jahr wieder. Diese
düngerliebenden, verdrängen alle Pflanzenarten, die an mageren Boden angepasst
sind und gerade sie stellen die Mehrzahl unserer Pflanzenarten. Für sie ist
auch Kompostdünger Gift. Von ihnen wiederum leben die meisten Kleintierarten
und von denen größere Tiere wie Eidechsen und Vögel.
Wegrain und
Waldrand sind zu Tode gemulcht. Jetzt ist alles sauber und ordentlich. Es blüht
nichts mehr.
Die Nester der Feldlerche sind zerstört und zahllose Kleintiere
frikassiert.
Hinzu kommt, dass düngerliebende Pflanzen kräftig und
dicht wachsen. Dadurch erreichen die Sonnenstrahlen und der Wind nicht mehr den
Boden. Das Mikroklima verschiebt sich von bisher trocken, warm und sonnig nach
feucht, kühl und schattig. Das verdrängt weitere Pflanzen- und Tierarten.
Selbstverständlich
gehören auch Löwenzahn, Brennnesseln und andere nitrophile Pflanzen zur
schützenswerten Artenvielfalt. Zum Problem werden sie durch die ständige Düngung
aus der Luft. Jahr für Jahr regnen pro Hektar (= 10.000 Quadratmeter) 40 kg
Stickstoffdünger aus Abgasen auf Deutschland nieder, selbst auf Reinluftgebiete
wie den Schwarzwald. Mit dieser Menge wurden vor fünfzig Jahren die Felder
gedüngt. Jetzt setzt das Mulchen noch eine Portion drauf, ebenfalls Jahr für Jahr.
Brennnesseln
sind verhasst, Schmetterlinge werden geliebt. Aber Brennnesseln sind die
Futterpflanzen vieler Schmetterlinge zum Beispiel von Tagpfauenauge und Kleiner
Fuchs. Werden Brennnesseln gemulcht, trifft es auch die Raupen und damit die
geliebten Schmetterlinge.
Ein Nest mit
Raupen des Tagpfauenauges versteckt unter einem Brennnesselblatt. Sie leben von
Brennneseln
Ohne Brennesseln
kein Tagpfauenauge, kein Kleiner Fuchs und viele andere Falter auf dem
Sommerflieder im Garten. Werden die Brennnesseln gemulcht, sind die Falter
verloren.
Wiesen blühen, weil Pflanzen für die nächste
Generation Samen bilden müssen. Pro Quadratmeter und Jahr kann ihre Zahl in die
Zigtausende gehen. Warum diese Überproduktion? Weil nur ganz wenige der Samen
zu neuen Pflanzen werden. Fast alle anderen werden gefressen, von Kleintieren,
Mäusen und Vögeln. Wenn Wegränder und Wiesen während der Wachstumsperiode
gemulcht oder gemäht werden, wird diesen Tieren
Ein
erfreuliches Bild! Weil nicht gemäht wurde, konnten die Gräser und andere
Pflanzen viele Samenkörner bilden, von denen viele Tiere leben. Deshalb erst im
Spätherbst oder Winter mähen.
die Nahrung entzogen und damit auch den Tieren, die
von ihnen leben, wie zum Beispiel Mauswieseln und Turmfalken. Noch schlimmer
ist die übliche Rasenpflege, bei der mit viel Aufwand gegen die Artenvielfalt
regelrecht gekämpft wird. Wenn einige Pflanzenarten nach einer Sommermahd noch
einmal blühen, zeigen sie nur, wie lebenswichtig die Bildung der Samen ist.
Jeder Versuch ist es wert, selbst wenn die Zeit dafür nicht mehr reicht.
Natur
gezähmt und geschmacklich angepasst
Was als „bunte Blumenwiese“ Mode ist, hat mit einer richtigen
Blumenwiese nichts zu tun. Es ist ein Blumenbeet, ein dekoratives und lohnendes
Geschäftsmodell, mehr nicht. Schlecht ist, dass den Menschen und vor allen den
Kindern ein naives und falsches Bild von Natürlichkeit vorgegaukelt wird. Wie
sollen sie unsere echten, artenreichen Wiesen schützen, wenn die gemulcht
werden und sie nur unnatürliche bunte Scheinwiesen kennen lernen? Auch darunter
leidet die Artenvielfalt.
Das Große Rasenstück von
Albrecht Dürer
Vor über 500
Jahren malte Albrecht Dürer Das Große
Rasenstück. Es hängt in der Albertina in Wien und ist von unschätzbarem
Wert. Dürer erkannte die Schönheit der Natur und die Harmonie ihrer höheren Ordnung.
Heute
mulchen wir diese Schönheit und Harmonie, damit es ordentlich und sauber
aussieht. Welche Barbarei!
Dr.
Friedrich Buer ist Gründungsmitglied und Beirat des „Verein für
Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern e.V. – VLAB“, einem neuen
offiziell anerkannten Natur- und Umweltschutzverband. Ehrenpräsidenten sind
Enoch zu Guttenberg und Hubert Weinzierl.